Gegen Responsibilisierung. Über die Herrschaft von Begriffen

In Catrin Heite, Clarissa Schär und Veronika Magyar-Haas (Hrsg.): Resposibilisierung. Wiesbaden: Springer VS, 17–34.

Zusammenfassung

Begriffe herrschen, so können wir im Anschluss an Wittgenstein und Nietzsche sagen, wenn sie unsere Denk-, Handlungs-, und Seinsweisen bestimmen und uns zugleich vergessen machen, dass sie Ergebnisse einer langen Geschichte von Konflikten um jene sozialen Praktiken sind, in denen sie gebraucht werden. Denn ihre heutige Bedeutung ergibt sich aus dem Sieg eines bestimmten Gebrauchs – mit jeder unreflektierten Verwendung bekräftigen wir daher unhinterfragt die Sieger der Begriffsgeschichte. Die Responsibilisierung unseres Denkens ist die in diesem Sinne verstandene Herrschaft eines bestimmten Gebrauchs von »Verantwortung«. Die heute selbstverständliche Verwendung von »Verantwortung« resultiert aus der Entwicklung des Begriffs in Recht, Politik und Philosophie, in der »Verantwortung« an ein spezifisches Selbstverständnis des verantwortlichen Subjekts gebunden wird. Darin verbirgt sich eine Objektivierung von Machtbeziehungen im Inneren des Subjekts, damit dieses sich allen Einschränkungen zum Trotz souverän fühlen kann. Insofern haben wir gute Gründe, die Responsibilisierung des Denkens zu kritisieren.